Renata Alt

Renata Alt beim Kreisausschuss der FDP Böblingen

Deutschland und Europa stehen vor großen außenpolitischen Herausforderungen. Im Jemen und Syrien werden Stellvertreterkriege an mehreren Fronten geführt – mit katastrophalen Konsequenzen für die Bevölkerung. Der Nahe und Mittlere Osten sowie Mali und das Mittelmeer sind Schauplätze von Bundeswehreinsätzen. In Europa sind wir mit einer politischen Krise in der Slowakei und dem Konflikt in der Ukraine konfrontiert.

Bei all diesen Themen kommen wir an zwei Staaten und ihren Präsidenten nicht vorbei: USA und Russland, Präsident Trump und Präsident Putin. Mit beiden Staaten sind wir historisch eng verflochten. Auch wenn es derzeit nicht so scheint: mit beiden Staaten vereint uns mehr als dass uns trennt.

Die USA – ein verlässlicher Partner

Mit den Vereinigten Staaten teilen wir gemeinsame Werte: Die liberale Demokratie, Bürger- und Menschenrechte als zentrale Elemente der Gesellschaft, eine offene und liberale Welthandelsordnung. Wir sind sicherheitspolitische Partner, allen Unkenrufen zum Trotz. Die Vereinigten Staaten haben kürzlich 7.000 Soldaten nach Europa verlegt, mehr als 200 Mio. US-Dollar sollen in Luftwaffenstützpunkte investiert werden. Damit reagieren sie auch auf die Bedrohung Osteuropas durch Russland. Ob in Afghanistan, Irak oder dem Mittelmeer – die USA übernehmen weiterhin Führungsaufgaben und pflegen eine enge und vertrauensvolle Beziehung im Bereich der Streitkräfte und Nachrichtendienste.

Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen

Die Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten war für viele eine Zäsur. Die Umgangsformen, gerade auch im öffentlichen Diskurs, haben gelitten. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass amerikanische Politik vielschichtig ist. Wenn die US-Bundesregierung nicht ansprechbar ist, sollten wir eine Ebene tiefer ansetzen – Kongressabgeordnete, Senatoren und Gouverneure suchen aktiv den Dialog mit Europa. Hier können gemeinsame Projekte vorangetrieben werden – im Bereich Klimaschutz, Energiewende und Freihandel. Dort müssen wir für ein geschlossenes Auftreten werben: In der digitalen Welt zum Schutz kritischer Infrastrukturen, analog gegenüber Iran und dem Iran-Deal und in der Ukraine gegenüber russischer Expansionspolitik.

Russland – ein schwieriger Partner

Diese Expansionspolitik und die völkerrechtswidrige Annexion der Krim stellen Europa vor große Herausforderungen. Nicht in der grundsätzlichen Bewertung, aber in einer kohärenten Antwort darauf. Mit Blick auf die Ukraine war die einzig richtige Antwort die Verhängung von Sanktionen. Sie sind eine klare Aktion-Reaktion-Folge und sie wirken. Die schneiden Russland von Hochtechnologie aus dem Westen ab und senden das politische Signal, dass Handeln Konsequenzen hat. Das geschlossene und damit starke Auftreten des Westens ist die einzige Sprache, die Präsident Putin versteht.

Wiederwahl Putins keine Überraschung

Die Wiederwahl des russischen Staatspräsidenten war keine Überraschung. Die innenpolitische Situation ist zu stark gekennzeichnet von Repression und gelenkten Medien. Die Zivilgesellschaft ist lebendig und divers, aber nicht politisch. Die Opposition war zu keiner Zeit wirklich konkurrenzfähig. Der Kreml orchestrierte eine Kampagne zur Wahlmotivation und übte Druck aus: Studenten und Angestellte sollten nachweislich für den Präsidenten stimmen, um nicht Studienplatz, Stipendium oder Anstellung zu verlieren. In solch einem Klima brauchte es keine großangelegten Wahlfälschungen. Unabhängige Wahlbeobachter berichteten über deutlich weniger „echte“ Manipulation als noch 2012.

Fortsetzung der bisherigen Politik

Durch Unterdrückung im Inneren und aggressiver Expansion nach Außen sichert sich Putin seine weitere Macht. Er schuf ein Feindbild des Westens, mit dem er Russland zum Opfer stilisierte: Die angespannte wirtschaftliche Lage, Russlands Status als Mittelmacht und ein gekrängter Nationalstolz – all das schreibt er Europa und den USA zu und erhält so innenpolitischen Rückhalt. Aus diesem Grund ist eine Änderung der derzeitigen russischen Politik nicht zu erwarten, zu sehr hängt seine Legitimation vom außenpolitischen Abenteurertum ab.

Dialog und zivilgesellschaftliche Kooperation als Ausweg

Wie können wir Europäer darauf reagieren? Der politische Dialog ist unbedingt fortzusetzen. Russland hat eine aktive, aber noch unpolitische Zivilgesellschaft. Zuviel hat die russische Bevölkerung noch zu verlieren, alsdass sie offen Kritik am System Putin übt. Die kommenden Herausforderungen – gesellschaftlicher Wandel, wirtschaftliche Entwicklung und technologischer Fortschritt – sind aber nur mit der Bevölkerung zu lösen. Diesen Wandel sollte Europa begleiten. Nur so können wir das Märchen von Europa als Feind Russlands widerlegen.

Auf bilateraler sowie EU-Ebene gilt es, die existierenden Gesprächskanäle weiter auszubauen. Denn auch wenn es oft unmöglich scheint: viele internationale Fragen und Konflikte können nur mit, nicht gegen Russland, gelöst werden: In Syrien ist Russland längst der einzig relevante externe Spieler, im Iran-Deal Garantiemacht und Diskussionen über Abrüstung sind ohne Russland undenkbar. Gleichzeitig müssen wir den Preis für Putins aggressive Außenpolitik hochsetzen. Regelverstöße sind sofort zu sanktionieren. Der Westen darf sich hierbei nicht spalten lassen. Jeden Raum, den wir Russland lassen, wird es besetzen und die Spaltung Europas vorantreiben.

Mit Frankreich für ein starkes Europa

Diese Entwicklung sollte uns ein Weckruf für mehr europäische Zusammenarbeit sein! Gemeinsam mit Frankreich hat Deutschland die europäische Integration geprägt. Für die Zukunft der EU spielen beide Länder eine entscheidende Rolle. Präsident Macron hat wesentliche Impulse für ein starkes Europa gesetzt. Seine Forderung nach einer stärkeren Integration der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist ein wichtiger Schritt hin zu einem sicheren Europa: Ein engerer Datenaustausch der Polizeibehörden, ein echter europäischer Grenzschutz, der die Offenhaltung der Binnengrenzen erlaubt sowie die vertiefte Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung sind dabei zentrale Bausteine.

Doch es gilt auch, die EU in außen- und sicherheitspolitischen Fragen entscheidungsfähiger zu machen. An Stelle von Einstimmigkeit sollten Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden können. Die Hohe Vertreterin sollte für alle zentralen Bereiche der europäischen Außenpolitik zuständig sein – insbesondere für die europäische Nachbarschaftspolitik. So könnten wir die Handlungsfähigkeit der EU steigern und die Möglichkeiten zur Blockade durch einzelne Mitglieder reduzieren.

Deutschlands Außenpolitik ist Europäische Außenpolitik. Angesichts globaler Konflikte, aber auch regionaler Konflikte in direkter Nachbarschaft der EU ist eine gemeinsame europäische Außenpolitik notwendiger denn je. Wir werden nur in der Lage sein, unsere Werte und Interessen erfolgreich zu bewahren und durchzusetzen, wenn wir in Europa nach außen zu mehr Einigkeit gelangen!